Im Zentrum des Denkmals symbolisiert eine starke Basaltstele die Standhaftigkeit dieses Künstlers. Seine Lebensbrüche sind durch die darum gruppierten sieben kleineren Steine dargestellt. Basalt ist das Urgestein dieser Region, die Piscator als seinen ‘Wurzelgrund” bezeichnet hat. Drei schwarze Serpentin-Keile (ein Stein aus dem Erzgebirge) stehen für die heftigen Einschnitte in Piscators Leben: Weltkrieg, Revolution, Exil.
Das Denkmal hat seinen Platz über dem Ulmtal, genau oberhalb seines Geburtsortes Ulm, an einem prominenten Aussichtspunkt des Ulmtal-Radweges. Piscator schaut auf seinen ‘Wurzelgrund” - und gleichzeitig weit darüber hinaus, in eine Welt, die für ihn auf mehreren Kontinenten Bühne des Lebens wurde.
Ein paar Gedanken noch zum Kopf:
Da sind vor allem diese Ohren! Große Ohren, wie alte Menschen sie haben. Und diese Augen: scharf, musternd, spähend, abwägend. Augen und Ohren sind das Wichtigste für einen Theatermann, denn damit nimmt er das Dichterwort auf. Erst sein Hineinhören, Hineinschauen in den Text, der ja nur als Buchstabe, nur als Schriftbild vor ihm steht, macht den Geist des Dichters lebendig. Und lässt Spiel werden, was ohne ihn nur Schrift bliebe. Schrift ist Gesetz, Spiel ist Leben.
Zwei bemerkenswerte Charakteristika Piscators finden sich ganz realistisch in dem Bronzekopf wieder: Seine gewaltige Denkerstirn, unter der das Gesicht bei aller Lebendigkeit relativ klein, ja mitunter fast kindlich wirkt. Und der scharf geschnittene Mund! Dieser Mann war ein glühender Verfechter des klaren Wortes. Ein Zuspitzer auch und ein Meister der Provokation, wo es der Deutlichkeit diente.
Debatte war sein Lebenselexier; im lebendigen Austausch - auch im strittigen - suchte und fand er das, was er als Wahrheit, als Kern des jeweiligen Stücks auf die Bühne brachte. Wobei seine besondere Qualität darin lag, dass er streiten konnte, ohne zu zanken. Das ermöglichte ihm das Im-Gespräch-Bleiben mit Menschen, die mitunter ganz anderer Meinung waren als er selbst - Brecht ist sicherlich das prominenteste Beispiel dafür.
Wunderschön beobachtet und umgesetzt ist auch der Nacken. Denn der war kräftig! Zum Glück, denn die sprichwörtlichen Nackenschläge gab es reichlich in diesem aufregenden Leben, das so voll war an Brüchen und Neuanfängen. Viele Brüche waren den politischen Zeitläufen geschuldet, den zwei Weltkriegen, der russischen Revolution und ihren sowjetischen Folgen, dem bitteren Exil, dem Erlebnis New York mit aller Freiheit, aller Maßlosigkeit. Dann die unerwünschte Rückkehr in die Restauration Nachkriegsdeutschlands, wo die Dagebliebenen nichts mehr scheuten als die Begegnung mit jenen, die keine Kompromisse mit den braunen Machthabern geschlossen hatten.
In Zeiten wie unseren, wo alles, was gestern noch sicher war, heute in Frage gestellt werden kann, ist einer wie Piscator ein Vorbild in des Wortes bester Bedeutung. Er hatte keine Angst vor Neuanfängen, im Gegenteil, er suchte sie und nahm sie kreativ an. Immer wieder. Angst machte ihm eher das besinnungslose Im-Alten-Bleiben, weil seine Biografie ihn gelehrt hatte: So ist das Leben nicht. Er ging bis zum Schluss immer wieder auf Neues zu, mit frischer Neugier bei jeder Inszenierung, bei all den vielen Begegnungen vor allem mit jungen Menschen und Künstlern. Dass er dabei in der Regel der Prägende war, hing mit seinem Charakter zusammen - dieser Charakterkopf erzählt eine Menge davon.
Erwin Piscator Lebensdaten
‘Theater ist pure Gegenwart - oder es ist nichts. (…) Es ist unmöglich, Staub aufzuwirbeln, ohne dass einige Leute husten.’ (Piscator)
‘Piscator war einer der größten Theaterleute aller Zeiten.’ (Bertolt Brecht)
1. Ulm Erwin Piscator, geboren am 17. Dezember 1893 hier im hessischen Ulm als Kind einer Kaufmannsfamilie.
2. Erster Weltkrieg Zweieinhalb Jahre im Schützengraben, wo er Massensterben und bornierten Militarismus erlebt, machen Piscator zum leidenschaftlichen Pazifisten. 1919 wird er Mitglied der kommunistischen Partei.
3. Theater-Revolution der 1920er Jahre Piscator entwickelt in Berlin das politische Theater, das Brechts epischem Theater vorausgeht, und revolutioniert nebenbei die Bühnentechnik. In seinen Inszenierungen, die ein weltweites Echo finden, rollen Laufbänder, heben sich Fahrstuhlbrücken, wird die Internationale getanzt. Filmprojektionen rattern und das Herz eines Ozeanfliegers schlägt sichtbar auf einem Röntgenschirm.
4. Moskau 1931-1935 Die Hoffnungen, mit denen Piscator 1931 für ein Filmprojekt in die Sowjetunion aufbricht, entpuppen sich im real existierenden Sozialismus als ‘künstlerische und politische Ohnmacht’. Mit Blick auf den Stalinismus, der ihm später auch in der DDR begegnet, stellt er fest: ‘Gewalt und Tugend, Blut und Utopie gehen nicht zusammen.’
5. USA 1939-1951 Mit dem ‘Dramatic Workshop’ schafft Piscator in New York eine der bedeutendsten Theaterschulen weltweit. Zu seinen Studenten gehörten u. a. Marlon Brando, Tennessee Williams, Harry Belafonte, Shelley Winters, Arthur Miller, Elaine Strich, Walter Matthau und Rod Steiger.
6. Rückkehr 1951-1966 Piscator fordert nach der Nazizeit ‘Bekenntnistheater statt Unterhaltungs-Firlefanz’ und erstellt bahnbrechende Inszenierungen von Lessings ‘Nathan der Weise’ (1952 Marburg), Büchners ‘Danton’ (1953 Gießen) oder Arthur Millers ‘Hexenjagd’ (1955 Marburg). Als Intendant der Freien Volksbühne Berlin ab 1962 bringt er mit Hochhuths ‘Der Stellvertreter’, Kipphardts ‘In der Sache J. Robert Oppenheimer’ und Peter Weiss’ ‘Die Ermittlung’ drei der brisantesten deutschen Nachkriegsstücke zur Uraufführung. Piscator bleibt ein unbequemer Mahner bis zu seinem Tod am 30. März 1966.
Diese Skulptur besteht aus zwei getrennten Teilen und ist in ihrer Gewichtung und Architektur so konstruiert, dass sich die beiden Teile nur an einer Stelle berühren.
Dadurch geben sie sich gerade so viel Halt, dass Stabilität und Standfestigkeit gewährleistet sind.
Siegfried Fietz hat für diese Skulptur das Kernholz freigelegt. Dadurch wird in jedem Teil eine figürliche Darstellung erkennbar.
Diese Skulptur bietet eine andere Sichtweise von Beziehung an: Nicht möglichst viele Gemeinsamkeiten und ein größtmögliches Maß an Nähe sind hier vorgeschlagen,
sondern die Konzentration auf einen Punkt.
Das Bedürfnis nach Nähe und Halt ist bei den meisten Menschen unverhältnismäßig groß, am liebsten hätten wir eine ständige Begleitung zur Seite.
Die Skulptur regt an, nachzudenken, wo der entscheidende Punkt ist, um dem anderen Stütze und Halt zu geben.
Die Skulptur entstand aus einem schon versporten Stamm einer etwa zweihundert Jahre alten Buche. Der Baum ist aus dem Wald zwischen Greifenstein-Allendorf und Biskirchen. Wegen seines enormen Umfanges, wurde er gedreiteilt. Daraus entstanden die Skulpturen: Die Wildsau aus der Flasche, Fenster nach draußen, und eben diese Jakobsleiter.
In der Bibel wird von Jakobs Traum berichtet, von einer Leiter in den Himmel. Dieser alte Menschheitstraum, ist die Geschichte hinter der Skulptur.
Es wäre schön, wenn die Betrachter um das Werk herum gehen könnten. Also möglichst die Skulptur auch von allen Seiten sehen können.
Auf der Rückseite beginnt der Weg. Die großen Schritte oder Sprünge gelingen meistens im Leben nicht. Darum gibt es, um die nächste Stufe zu erreichen Ziehwege, wie wir sie aus der Bergwelt kennen. Es ist auch die ein oder andere Irritation vorhanden. Manchmal musst du einfach wieder ein Stück des Weges zurückgehen. Es neu versuchen, um die andere Seite zu erreichen. Aber da wird es auf einmal noch beschwerlicher, noch steiler. Bis du wieder auf der anderen Seite ankommst. Dann der letzte Aufstieg. Immer von der Sorge begleitet: Wie lange dauert das denn noch. Und dann ist der Aufstieg geschafft. Du hast den Platz erreicht, an dem dir Gott von oben entgegen kommt.
Diese Skulptur besteht aus zwei Teilen. Einem größeren Teil mit einer Wölbung nach innen und einem einzeln stehenden linken Teil.
Im rechten Teil finden wir eine Öffnung, von einem dicken Rand umgeben, eine Art Nest oder Höhle verbergend.
Diesen geschützten Raum mussten wir verlassen, um unseren eigenen Lebensweg zu finden. Verloren und wie aus dem Nest gefallen, liegt unterhalb der Höhle ein herzförmiges Etwas auf dem Boden.
Wir versuchten zu leben und fanden es schwierig. Unsere Vorstellung von Glück und gelingendem Leben deckten sich nicht mit dem, was wir an Umständen und Möglichkeiten in unserem Leben vorfanden. Mehrmals liefen wir mit dem Kopf gegen die Wand, eine Einbuchtung in der Mitte des rechten Teils lässt die Schmerzhaftigkeit dieser eigenwilligen Versuche noch erahnen.
Erst später begriffen wir:
Es geht weder darum, im geschützten Raum unser Leben zu fristen, noch darum, verbissen gegen Wirklichkeiten und Widrigkeiten anzurennen, sondern den offenen Weg zu finden, der sich vor uns auftut.
Im einzeln stehenden linken Teil erkennen wir eine Figur, uns selbst.
Die nach oben weisenden Spitzen dieser Skulptur erinnern an Hausdächer oder an Kirchtürme. Besonders zwei Spitzen fallen auf. Wie lodernde Flammen ragen sie empor,
sie wirken verbogen.
Der rechte Kirchturm hat solchen Schaden genommen, dass ihm buchstäblich ein Zacken aus der Krone gebrochen zu sein scheint.
Ganz links ist das Holz von innen her zerfressen.
Man muss jedoch die Skulptur nur anfassen und umdrehen:
Die andere Seite: Glatt, schön, edel gemasert.
Und was vorne wie eine Flamme wirkt, ist auf dieser Seite ein großes, altes Christen-Sinnbild: Der Fisch.
Und er springt!
Der ausgehöhlte Stamm einer 700 Jahre alten Linde hat vorne eine Öffnung, einen Eingang. Die Schwelle ist bewusst niedrig gehalten, ein kleiner Schritt reicht aus, um in den Genuss eines Sitzplatzes zu kommen und Ruhe zu finden.
Plötzlich sind wir wieder von Natur umgeben und unsere Pause hat eine besondere
Qualität, es ist eine ‘Zeit zum Glücklichsein’.
Erinnerungen an die Kindheit werden wach: Wie wir als Kinder im Wald spielten, auf Baumstämmen saßen und Buden aus Ästen und Gestrüpp bauten.
Aber nach kurzer Zeit wachen wir auf aus unseren Träumen und merken, dass das Leben um uns herum weitergeht. Der Baumstamm bietet keinen Rundum-Schutz, er schottet
uns nicht ganz von der Wirklichkeit ab. Er bietet lediglich einen Rückzug auf Zeit, eine kleine Pause im geschäftigen Alltag.
Das Geheimnis:
Der Friede, den wir durch Besinnung und Rückzug gewinnen, gibt uns immer wieder Kraft. Wir lassen uns neu herausfordern und gewinnen neuen Mut zum Handeln.
Verschieden in Neigung und Ausrichtung öffnet sich jede der vier Skulpturen auf ihre eigene Weise dem Licht. Jede ist von einer langen Spurensuche durchzogen, die an ihrem Ende mal Menschliches (Quadrat), mal Göttliches (Stern) durchblicken lässt.
Diese Stele scheint einen Mittelpunkt zu suchen. Sie ist ganz aufs Suchen reduziert. Im unteren Bereich hat sie (bereits) eine radikale Wende vollzogen und strebt jetzt zielgerichtet nach oben, einem Ankerpunkt zu, der ihr Halt geben wird.
Das Innere dieser Skulptur ist ganz entrümpelt.
Erst jetzt sind Einblick, Ausblick und Durchblick möglich.
Alpha und Omega, gemeinsames Sinnbild für Vollendung. Seit der biblischen Johannes-Offenbarung das Symbol für Christus.
Einen Lebensweg hat der Künstler gebaut, begrenzt von Alpha und Omega. Durch Höhen und Tiefen geht es, Verwerfungen wechseln ab mit klaren Strecken. Am Ende das Omega, das wie ein Fuß aussieht. Dieser Fuß – mit goldener Sohle – scheint bereit zu sein für den nächsten Schritt, über die Grenze hinaus, hinein in Neues.
‘Hier ist Tripple-A’, sagt Fietz und weist lachend auf die Spitze der höchsten Höhe hin.
‘Tripple-A’, die höchste Einstufung internationaler Rating-Agenturen – aber gleich danach geht’s tief bergab. Und wieder einmal Richtungsänderung. Gibt es überhaupt ein klares Ziel auf diesem Holz-Weg? Auffallend, wie oft keine Erdung da ist, wie das Material frei im Raum hängt, scheinbar von nichts mehr gehalten, Absturz-bedroht.
In einer Zeit, wo Baumstämme zu Spanplatten totgeschreddert werden, ist es fast anachronistisch, derart intensiv der Maserung, dem Astverlauf nachzuspüren. Aber nur so werden die Zeichen und Geheimnisse sichtbar, die uns umgeben.
An dieser Skulptur ist alles nach oben ausgerichtet: die tragende Stele mit ihrer nach oben weisenden Zuspitzung genauso wie die sieben diagonal nach oben angeordneten schmalen, dreigeteilten Fenster. Sie führen den Blick des Betrachters durch ihre Ausrichtung stufenweise nach oben zur Spitze und darüber hinaus.
Die Zahl Sieben symbolisiert Vollkommenheit, die Dreiteilung verweist auf die Dreieinigkeit.
Im unteren Drittel trägt die Stele eine aufgeschnittene, unvollkommene Weltkugel, die in ihrer Reduktion kaum noch als Erde zu erkennen ist. Auch hier ist die Ausrichtung offensichtlich: Alle Schnittflächen weisen nach oben und die Form der Erde gleicht einer Schale, die offen ist in Erwartung.
In Weltkugel und Stele treffen Vorläufiges und Endgültiges, Irdisches und Vollkommenes aufeinander.